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Die portugiesische Geschichte

Monumento à Revolução do 25 de Abril
Foto: Francisco Santos (de.wikipedia.org)

Die Nelkenrevolution

Im Februar 1961 hatte in Angola der Guerillakrieg gegen die Kolonialmacht Portugal begonnen, der dann in den Kolonien Guinea und Mozambique aufgegriffen wurde. Dieser Kampf verstärkte in allen Schichten Portugals den Unmut der Volkes. Portugals Regime wollte die Kolonien unbedingt halten, ergal um welchen Preis.

Nach dem Tod Salazars beginnt der Aufschwung von Opositionsparteien und illegalen Aktionsgruppen. Sein Nachfolger Marcello Caetano verkörpert von seiner politischen Statur her nicht die autokratische Vehemenz seines Vorgängers. Anfang der siebziger Jahre fliehen Zehntausende potentieller Rekruten für die Kolonialarmee nach Frankreich oder Nordafrika, um sich dem vierjährigen Militärdienst in Angola, Mozambique oder Guinea-Bissão zu entziehen.

Guinea-Bissão und die Kapverdischen Inseln werden 1973 durch die UNO als souveräne Staaten anerkannt.

Breite Teile des Militärs schlossen sich zur "Bewegung der Streitkräfte" (Movimento das Forças Armadas, kurz: MFA) zusammen. Am 22. Februar 1974 veröffentlichte der Vizechef des Stabes der Streitkräfte, General Spinola, sein Buch "Portugal e o Futuro". Generäle und Offiziere äußerten sich erstmal öffentlich gegen den Kolonialkrieg. Für den 14. März wurde eine Treuekundgebung für das Regime angeordnet. Als die Generäle Costa Gomes und Spinola ihr fern blieben, wurden wie am 15. März abgesetzt. Es kam zu ersten Rebellionen, die jedoch zu spontan, unkoordiniert und wenig erfolgversprechend waren.

Movimento das Forças Armadas

Die MFA erkannte, dass schnell gehandelt werden musste, bevor die Diktatur Gegenmaßnahmen ausarbeiten konnte. Als Termin für den Staatsstreich wurde die Woche vom 20.-27. April festgesetzt und es wurden genaue Pläne für das Ersetzen des Regimes durch eine "politische Demokratie" ausgearbeitet.Am 25. April um 0 Uhr und 30 Minuten las der Sprecher des katholischen Rundfunks Rádio Renascença die erste Strophe des Liedes "Grândola vila morena" vor. Dann erklang das Lied selbst, gesungen von José Afonso.

Für alle militärischen Einheiten der MFA waren die Verse das vereinbarte Zeichen zum Aufstand. In den Kasernen übernahmen Offiziere der Bewegung das Kommando. Ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, nahmen die Putschisten in Lissabon Schlüsselstellungen ein und belagern den Regierungssitz am Largo do Carmo. Ministerpräsident Caetano und Staatspräsident Americo Thomas verschanzten sich anfänglich noch in einer Kaserne. Einige Truppenteile und Einheiten der Polizei liefen zu den Aufständischen über, andere verhielten sich passiv oder ergaben sich.

Die Regierung war handlungsunfähig und trat schließlich unter dem starken Druck der MFA gegen 16.00 Uhr unblutig ab. Die Bevölkerung strömte trotz Radiowarnungen zahlreich auf die Strassen. Sie stecken den Soldaten Nelken in die Gewehrläufe, daher der Name Nelkenrevolution (Revolução dos Cravos). Innerhalb noch nicht mal 16 Stunden hatte so die MFA Europas älteste Diktatur gestürzt.

Es gab insgesamt nur 4 Tote und 45 Verletzte. General Antonio de Spinola wurde auf Vorschlag von Costa Gomes von der Junta der nationalen Errettung (Junta de Salvacac Nacional) zum Präsidenten der Republik gewählt. Portugal wurde Demokratie und die Kolonien erhielten ihre Unabhängigkeit. General Spinola muss jedoch am 30. September nach Differenzen mit dem MFA über den politischen Kurs zurücktreten.

Noch geht es in der nächsten Zeit vor allem um die beiden Visionen: Ein sozialistisch-marxistisches Portugal, eng verbunden mit afrikanischen Befreiungsbewegungen. Und zum anderen um eine bürgerliche, kapitalistische Demokratie nach westlichen Muster. Die Sozialisten erhalten zunehmend Unterstützung, nicht nur aus dem Ausland, sondern auch von der Kirche, von Mittelschicht und konservativen Bauern, und von den rückkehrenden Kolonial-Siedlern. Am 25. November 1975 wird der Revolutionsrat schließlich entmachtet und wenig später geht die Sozialistische Partei unter Soares aus den Parlamentswahlen als Siegerin hervor. Trotz heftigsten Widerstandes der MFA und der PCP werden fast alle revolutionär-demokratischen Reformen zurückgedrängt, Portugal schließlich in die EU geführt.

Jedes Jahr am 25. April wird in Portugal der Tag der Freiheit (O Dia da Liberdade) gefeiert.

Der 25. April war aber erst der Ausgangspunkt für eine Vielzahl sozialer Forderungen, die das Land erfassten. Die bekannteste Forderung "A terra a quem a trabalha" (das Land denen, die es bearbeiten) wurde durch Enteignung der Großgrundbesitzer und die Gründung von Kooperativen umgesetzt. Für eine kurze Zeit schien die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft möglich. Kommunistische Gruppen hatten anfangs großen Zulauf und Einfluß. In den Wahlen vom April 1975 setzte dann ein Trend zur Mitte ein: die Linke verlor Stimmen und Sitze zugunsten der eher sozialdemokratischen und bürgerlichen Parteien; die Gewerkschaften spalteten sich in zwei Verbände, die eher kommunistischen und die eher sozialdemokratischen. In den folgenden Jahren wurden durch Änderungen der Verfassung zahlreiche Errungenschaften von 1974 wieder abgeschafft, die 1975 verstaatlichten Unternehmen wurden wieder privatisiert, Portugal wurde eine bürgerliche westliche Demokratie. Für viele ist die Nelkenrevolution daher gescheitert. Auch für José Afonso. In einem seiner letzten Lieder heißt es: "Es ist kein Leben möglich / In der verkauften Freiheit / In der verkauften Freiheit / Ist der Tod wünschenswerter".

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